Die Industrielandschaft Schweiz hat in den letzten Jahrzehnten eine radikale Änderung erfahren, die Herstellung vieler Industriegüter wurde ins Ausland verlagert. Viele Industrie- und Gewerbeareale wurden deshalb im Laufe der Zeit überflüssig. Viele dieser Areale liegen heute brach und warten auf eine Umnutzung oder gar den Abbruch.

Täglich bewegen wir uns im urbanen Raum, entlang von uns mittlerweile vertraut zu scheinenden Gebäuden und Komplexen. Deren äusseres Gesicht ist uns wohlvertraut, das Innenleben jedoch gänzlich unbekannt. Die vorliegende Serie „industrial silence“ nimmt sich dieser versteckten Räume an. Ich besuche diese Objekte jeweils zu einem Zeitpunkt, in dem sie bereits brach liegen, ausgeweidet und verlassen sind.

Diese Räume verharren für eine unbestimmte Zeit in einer Art Schwebe, zeugen von vergangenen Epochen und deuten bevorstehende Ereignisse an. Die Vergänglichkeit der Dinge, die gestern noch unverrückbar und selbstverständlich zu sein schien, wird uns unmittelbar vor Augen geführt.

Plötzlich erscheinen uns die Räume fragil, ihre physische und funktionale Instabilität weckt ein Gefühl von Erhabenheit, vielleicht auch Schönheit.

Die Bilder dokumentieren jedoch nicht einfach leere Räume, sondern machen die Spuren dessen sichtbar, was einst vorhanden war. Es lässt sich bereits erahnen, welches Schicksal sie in Kürze ereilen wird. Dabei steht nicht das Objekt an sich im Vordergrund, viel mehr die fast schon sichtbar gewordene Stille und Ästhetik der einzelnen brachliegenden Räume; Ein kurzes Innehalten vor dem endgültigen Verschwinden.


Diese Arbeit wurde 2008 für die Swiss Design Awards nominiert.

Sie wurde an folgenden Orten gezeigt:
Photoforum PasquArt Biel / Architekturforum Zürich / Architekturgalerie Berlin / Architekturfoyer ETH Höngerberg

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michael geschwentner